Stufen oder sich mit dem Leben aussöhnen

Jede Stufe des Lebens stellt uns vor eine Krise, vor eine Entscheidung. Diese Entscheidungen stellen sich für jeden Menschen gleichermaßen. Als Kinder vollziehen wir diese Entscheidungen impulsiv . Doch je älter wir werden, desto bewusster erleben wir sie. Am unausweichlichsten in der letzten Reifestufe des Lebens, dem Alter, nämlich als ein Sich-Mit-Dem-Leben-Aussöhnen.

Unsere Tage zählen

Für sich sorgen, für sich selbst vor-sorgen, damit hat, wie es scheint die Generation der Kriegskinder ihre Not. Eine Dame über 80 äußerte entrüstet, dass sie überhaupt nicht damit gerechnet hätte, jemals so alt zu werden. In Form multipler und zunehmender Alterserkrankungen brach das Unerwartete über sie herein.

Sein, nicht tun, nicht haben

In einem Gespräch mit Elisabeth Kübler-Ross bedauerte eine Sterbenskranke keinen Zweck mehr erfüllen zu können. Elisabeth Kübler-Ross fragte, ob sich in ihrem Fall der Zweck nicht verändert hätte? Mit Kochlöffel und Besenstiel durchs Haus zu wirbeln, sei tatsächlich vorbei. Die letzten Schritte, die, wenn nicht mehr ausgeschritten werden kann, anzunehmen, habe auch seinen Sinn. Nicht mehr tun, nicht mehr haben, am Ende sein.

Der tote Vater von Frau A.

Was Frau A. als Kind erlebte hat sie nicht als Deutsche erlebt, an der Rache geübt wurde, nicht als Christin, deren Vater von Ungläubigen ermordet wurde. Sie hat es als Kind erlebt. Sie war groß genug für das Schreckliche, aber zu klein für die Verrechnung der Schuld.

Frau T. nimmt sich die Sache zu Herzen

Frau T., 87, nimmt sich die Sache zu Herzen. Sie ist im Seniorenheim, weil sie körperlich nicht mehr die Kraft hatte, sich in ihrem Haushalt zu versorgen. In Kopf und Herzen ist sie klar und gegenwärtig. Die Gegenwart macht ihr zu schaffen.

Pflegenotstandsblase

Pflege ist auf Kante genäht, finanziell, politisch, aber vor allem in Hinsicht auf den Rückhalt in der Bevölkerung; man kann wohl kaum von seinem Volksvertreter politische Lösungen erwarten, wenn man sich gleichzeitig entrüstet, so viel Kohle für einen Pflegeheimplatz abdrücken zu müssen. Pflege und Begleitung von Senioren, insbesondere hochaltriger kostet nun mal, weil sie ein äußerst hohes Maß an Professionalität bedürfen. Wer nur Twingo bezahlen will, darf keinen Maserati erwarten.

Die Einsamkeit des Langstreckenläufers

Herr S. hat überhaupt keinen Tag- und Nachtrhythmus. Das ist typisch für Demenz. Alle Strukturen, auch die elementarsten gehen verloren.  Stattdessen ein unerhörter Drang zu laufen. Herr S.  ist Tag und Nacht on tour, wohin, weiß er nicht. Die Einsamkeit des Langstreckenläufers.

Der seltsame Fall des Benjamin Button

Die alte Dame bewegt sich zurück. Sie liegt auf der Seite, ein klein gewordener Körper, beinahe in Fötushaltung. Sie versteht kaum mehr, was sich um ihr Bett herum ereignet. Man hat nicht den Eindruck, einem greisen Menschen zu begegnen, sondern einem Kind. Die alte Dame kehrt im Alter zurück wie Benjamin Button, in die Kindheit und früher – und noch früher.

Zen-Meister

Wir sind alle etwas müde. Im Focus stellen sie fest, dass das am Wetter liegt. Da könnte diesmal sogar was dran sein. Herr F. achtet ebenfalls aufs Wetter. Er ist sogar ein ziemlich genauer Beobachter. Täglich vermerkt er die Bewegung der Blätter in den Bäumen auf der Wiese. Nicht als meteorologische Feststellung, sondern als bedeutsame Erfahrung. Die Veränderung des Windes beim Anblick der Blätter ist seine höchstpersönliche Zen-Meditation.