Duracellhase

Frau G. sitzt in ihrem Rollstuhl und stößt wie der Duracellhase in einem fort gegen die Wand. Sie jammert, schimpft. Wo sie denn hin soll, fragt sie und dass das alles ein Scheissdreck sei und dass sie nicht mehr kann. Sie jammert und schimpft, auch nachdem sie aus ihrer Misere befreit und der Flur ihr wieder offen steht. Ein paar Meter weiter bleibt sie abermals hängen, weil sie den Rollstuhl zwar bewegen, aber nicht mehr steuern kann. Dieses skurrile, irgendwie hoffnungslose Treiben bekommt einen Sinn, wenn man es mit Frau G.s Grundsatzfrage, wo sie denn hin soll, in Verbindung bringt. Sie hat Demenz.

Einsamkeitslebensgeschichte

Frau B. kriegt keinen Besuch. Gleichgültige Kinder, die sie als Last ins Pflegeheim abgelegt haben? Eher nicht. Meist war die Beziehungslebensgeschichte zwischen Eltern und Kindern von Einsamkeit und Ferne geprägt. Dann, am Ende des Lebens plötzlich Nähe und MItgefühl aufzubringen – wie soll das gehen?

Ein Kampf ohne Aussicht auf Sieg

Das letzte Jahr war hart. Vor zehn Monaten brach das Leben meiner Schwiegermutter endgültig zusammen. Demenz, Pflegeheim, freier Fall. Wir haben ihren Verfall gesehen. Und das Ignorieren ihres Verfalls. Sie kämpfte, leistete Widerstand, indem sie uns beschuldigte, sie ihrer Einsamkeit zu überlassen. Einer mysteriösen Einsamkeit, die sie sich selbst erwählt hatte und unter der sie gleichzeitig litt.

Stufen oder sich mit dem Leben aussöhnen

Jede Stufe des Lebens stellt uns vor eine Krise, vor eine Entscheidung. Diese Entscheidungen stellen sich für jeden Menschen gleichermaßen. Als Kinder vollziehen wir diese Entscheidungen impulsiv . Doch je älter wir werden, desto bewusster erleben wir sie. Am unausweichlichsten in der letzten Reifestufe des Lebens, dem Alter, nämlich als ein Sich-Mit-Dem-Leben-Aussöhnen.

Unsere Tage zählen

Für sich sorgen, für sich selbst vor-sorgen, damit hat, wie es scheint die Generation der Kriegskinder ihre Not. Eine Dame über 80 äußerte entrüstet, dass sie überhaupt nicht damit gerechnet hätte, jemals so alt zu werden. In Form multipler und zunehmender Alterserkrankungen brach das Unerwartete über sie herein.

Sein, nicht tun, nicht haben

In einem Gespräch mit Elisabeth Kübler-Ross bedauerte eine Sterbenskranke keinen Zweck mehr erfüllen zu können. Elisabeth Kübler-Ross fragte, ob sich in ihrem Fall der Zweck nicht verändert hätte? Mit Kochlöffel und Besenstiel durchs Haus zu wirbeln, sei tatsächlich vorbei. Die letzten Schritte, die, wenn nicht mehr ausgeschritten werden kann, anzunehmen, habe auch seinen Sinn. Nicht mehr tun, nicht mehr haben, am Ende sein.

Der tote Vater von Frau A.

Was Frau A. als Kind erlebte hat sie nicht als Deutsche erlebt, an der Rache geübt wurde, nicht als Christin, deren Vater von Ungläubigen ermordet wurde. Sie hat es als Kind erlebt. Sie war groß genug für das Schreckliche, aber zu klein für die Verrechnung der Schuld.

Frau T. nimmt sich die Sache zu Herzen

Frau T., 87, nimmt sich die Sache zu Herzen. Sie ist im Seniorenheim, weil sie körperlich nicht mehr die Kraft hatte, sich in ihrem Haushalt zu versorgen. In Kopf und Herzen ist sie klar und gegenwärtig. Die Gegenwart macht ihr zu schaffen.

Pflegenotstandsblase

Pflege ist auf Kante genäht, finanziell, politisch, aber vor allem in Hinsicht auf den Rückhalt in der Bevölkerung; man kann wohl kaum von seinem Volksvertreter politische Lösungen erwarten, wenn man sich gleichzeitig entrüstet, so viel Kohle für einen Pflegeheimplatz abdrücken zu müssen. Pflege und Begleitung von Senioren, insbesondere hochaltriger kostet nun mal, weil sie ein äußerst hohes Maß an Professionalität bedürfen. Wer nur Twingo bezahlen will, darf keinen Maserati erwarten.