Nicht jeder verspürt den tiefen Wunsch, sich in tote Sprachen zu vergraben. Die Amerikanerin Madeline Miller tat es. Sie studierte Altphilologie und hauchte den antiken Heldinnen und Helden neues Leben ein. Absolut lesenswertes neues Leben. Sie schreibt fesselnd, inspirierend, durchdrungen. Die Nymphe Circe, Göttin ohne Rang, verschmähte Tochter des Titanen Helios wird auf die Insel Aiaia verbannt. Sie verfluchte mit einem Gift ihre Nebenbuhlerin Scylla und wird mit Götterferne bestraft.
Doch diese Strafe erweist sich als Geschenk, denn Circe erkennt in sich eine Größe, der sich selbst die Olympierin Athene beugen muss.
Was Madeline Miller hier gelingt, ist selten und großartig: Den Bogen zu spannen zwischen homerischer Zeit und heute und einen literarischen Pfeil ins Ziel zu bringen. Ein Lesegenuss – auch zum Hören – in jeglicher Hinsicht.